Vom Essen besessen? Die Schattenseiten der Diätkultur
Das eigene Idealgewicht zu erreichen, ist ein gutes Gefühl. Doch der Weg dorthin und die zu erbringenden Opfer sind nicht zu unterschätzen.
In unserer westlichen Gesellschaft spielt die Diätkultur eine extrem grosse Rolle. Sie sorgt für eine weit verbreitete Überzeugung, dass Schönheit und Körperform am Ende wichtiger sind als das eigene körperliche, psychische und allgemeine Wohlbefinden.
Diese Kultur vermittelt die Idee, dass es normal sei, seinen Körper – insbesondere seine Ernährung – durch Einschränkungen zu kontrollieren. Sie etikettiert Lebensmittel als gut oder schlecht und betrachtet Essen als etwas, das man entweder verdient hat oder nicht – je nach Ernährung und Sportlevel.
Nicht nur Lebensmittel werden so klassifiziert. Menschen können es gar so weit treiben, sich selbst auch als gut oder schlecht zu bezeichnen, basierend auf dem, was sie essen.
Diätkultur & Essstörungen: Eine gefährliche Verbindung
Die Diätkultur trägt zur Entwicklung gestörter Essgewohnheiten bei. Dies geschieht in der Regel da, wo der Fokus nicht Nährwerte von Lebensmitteln für den eigenen Körper liegt, sondern auf Punkten wie Kalorien- oder Fettgehalt.
Die Diätkultur beeinflusst auch die Sicht auf körperliche Aktivitäten wie Sport. Dieser kann als Mittel gesehen werden, um sogenannte «schlechte» Nahrungsmittel abzuarbeiten oder um Essen sich erst mal richtig zu verdienen.
Die Rolle von Lebensmitteln
Essen ist viel mehr als nur Treibstoff für unseren Körper. Es spielt eine wichtige Rolle in unserem sozialen Leben und unserer Kultur.
Wenn wir uns ausschliesslich darauf konzentrieren, Nahrungsmittel nach ihrem Brennwert einzuteilen, isolieren wir uns nicht nur von deren Nahrhaftigkeit, sondern auch vom Genuss und der tieferen Bedeutung, die Essen in unserem Leben haben kann.
Wenn man sich selbst als gut oder schlecht einstuft – unter Bezug auf das, was man isst –, prägt dies das Essverhalten. Meist ist eine Essstörung dann nicht mehr weit.
Orthorexie: Wenn gesundes Essen zur Obsession wird
Orthorexie ist eine solche Störung – sie entsteht durch einen extremen Fokus auf das, was die betroffene Person als «korrekte» gesunde Ernährung bezeichnet. Diese Besessenheit, nur einige Lebensmittel als «korrekt» zu bezeichnen, viele andere aber geradezu zu verdammen, kann das alltägliche Leben stören, einschliesslich sozialer und emotionaler Aspekte.
Die Diätkultur trägt klar zur Entwicklung von Orthorexie bei. Schliesslich ermutigt sie dazu, bestimmte Nahrungsmittel zu meiden oder seine Ernährungsweise aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen deutlich einzuschränken.
Beispiele hierfür sind unter anderem der Verzicht auf Gluten ohne Intoleranz oder Allergie. Aber auch extreme Varianten des Veganismus oder auch Detox-Kuren und Reinigungen werden oft als Argumente für diätetische Enthaltsamkeit propagiert.
Körperbild & Diätkultur: Eine toxische Kombination
Die Diätkultur gibt vor, dass Schlankheit gleichzusetzen ist mit Gesundheit. Es wird vermittelt, dass Körper ausserhalb eines eng definierten Spektrums als nicht gesund betrachtet werden sollten.
Während Gewichtsverlust manchmal eine gesunde Wahl sein mag, sind die Methoden, um diesen zu erreichen, nicht immer gesundheitsfördernd. Medien glorifizieren oft Promi-Gewichtsverlustgeschichten, ohne zu hinterfragen, wie sie das eigentlich geschafft haben und ob die verwendeten Methoden gesund oder nachhaltig waren.
Diese Praxis vermittelt die Idee, dass Schlankheit und das Streben nach Gewichtsverlust der Weg zur Akzeptanz, Glück und Gesundheit seien.
Was Sie für sich (und andere) tun können
Obwohl es unmöglich scheint, sich vollständig von der allgegenwärtigen Diätkultur abzuwenden, gibt es doch Wege, wie Sie dagegen vorgehen und für sich selbst einstehen können.
Meiden Sie bestimmte Formen von Medien – insbesondere solche, die einem das Gefühl geben, nicht gut (genug) zu sein, so wie Sie sind. Oder praktizieren Sie Körperneutralität.
Konzentrieren Sie sich also auf das, was Ihr Körper jetzt gerade tun kann, anstatt darauf, wie Sie aussehen möchten. Respektieren Sie Ihren gegenwärtigen Lebensmoment und Zustand, statt sich damit zu quälen, sich ständig verändern zu müssen.