«Ursprünglich» oder «veredelt»: Welcher Kaffee ist der beste?
Wenn ursprünglich nicht edel genug ist: So könnte man die Debatte um Infusion bei der Kaffee-Fermentation umreissen. Wie ist Ihnen Kaffee am liebsten?
Es ist ein heiss diskutiertes Thema in der Kaffeewelt. Es erhitzt die Gemüter und beschleunigt den Puls der Puristen – die Einführung von Zusatzstoffen während des Fermentationsprozesses.
Kaffee muss fermentiert werden, um die Aromastoffe zu entwickeln, die ihm seinen besonderen Charakter geben.
Lange war die Fermentation beim Kaffee schlicht eine Frage der Machbarkeit. Prozessoren nutzten Bakterien und Hefepilze, um das Saatgut aus seiner saftigen Fruchtfleischhülle zu extrahieren.
Tradition vs. neue Verfahren
In den letzten zehn Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass auch Additive ihren Platz in diesem Prozess haben können.
Während traditionelle Verfahren für die Fermentation nur entkernte Kaffeekirschen, Wasser, Hefen und Bakterien verwenden, ist es heute trendy, zu experimentieren. Das ohnehin begehrte Getränk wird zusätzlich mit neuen Zutaten «veredelt».
Solch innovative Methoden zur Kaffeeverarbeitung sind immer häufiger zu finden. Bei Qualitätsbewertungen werden beispielsweise solche neuen Fermentationsstile geschätzt.
Aromainfusion als Trend
Die neuen Fermentationsstile arbeiten anaerob, also unter Ausschluss von Sauerstoff, oder auch mit kohlenstoffhaltigen, zitronigen und vielen anderen Zusätzen.
Anders gesagt: Je nachdem, wie lange und unter welchen Bedingungen Kaffeekirschen fermentiert werden, können gezielt verschiedene Aromen wie Fruchtigkeit, Süsse oder Säure entwickelt werden.
Diese Methode hat in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen. Sie wird von einigen Kaffeebauern als Möglichkeit angesehen, qualitativ hochwertigen Kaffee mit einzigartigen Geschmacksprofilen zu produzieren.
Kreieren oder bewahren? Die Debatte um den reinen Kaffeegeschmack
Doch dieses Vorgehen ist nicht unumstritten. Die Bedenken sind gross und reichen von potenzieller Allergenkotamination bis hin zu Betrug bei Qualitätswettbewerben.
Die grösste Kritik und Sorge aber lautet: Durch das Aufkommen von aromatisierten Sorten wie dem mit Obst fermentierten Infused Coffee gerät der ursprüngliche Getränke-Charakter in Vergessenheit.
Dessen Geschmack liegt eben nicht in Zusätzen und auch nicht primär im Prozess der Fermentation. Die Qualität der Erde spielt eine Rolle, die der Pflege, der Plantagenart, der Anbauweise. Der «Mutter Erde», um mit der Sprache Südamerikas zu sprechen.
Wissen Sie, was in Ihrer Tasse landet?
Nun könnte man Skeptikern entgegnen: «Trinkt ihn doch einfach nicht!»
Die Schönheit und Einfachheit dieses Standpunkts liegt im schlichten Argument: Wenn kein Markt für diese Art von Kaffee besteht, wird er schnell wieder verschwinden.
Allerdings stellen sich in diesem Zusammenhang auch Fragen nach der Transparenz und Kennzeichnung: Woher wissen Sie, was Ihnen als Kaffee vorgesetzt wird? Oft wird man doch erst beim anderen Geschmack stutzig.
Eine Frage des Geschmacks – wortwörtlich
Sollten solche Produkte strenger gekennzeichnet oder gar unter einem anderen Namen verkauft werden? Und welche Auswirkungen hätte das auf Produzenten, Händler und letztlich auch Verbraucher?
Damit lautet die eigentliche Frage doch: Was wollen wir, was wollen Sie an Kaffee wirklich feiern? Sein einzigartiges Aroma – das auch nach Ghana, Äthiopien oder Kolumbien schmeckt? Oder die feinen Künste menschlicher Experimentierkultur?
Die Debatte fängt gerade erst an. Statt «abwarten und Tee trinken» also doch vielmehr: Kaffee degoutieren und mitreden!