Schweizer Winzersekt – so gut wie Champagner
Schaumweine sind beliebt, gerade zu Silvester. Wie wäre es, dieses Jahr auf einheimischen Sekt, statt teuren Champagner zu setzen?
Schaumweine sind beliebt, gerade zu Silvester. Doch muss es immer teurer Champagner sein? Schweizer Winzerinnen und Winzer stellen nach der traditionellen Methode einheimischen Sekt für jeden Geschmack und jedes Budget her. Wir präsentieren einige der Besten und erklären, wie man Schaumwein effektvoll öffnet.
Schaumwein wird in der Schweiz seit 15 Jahren immer beliebter: Der Konsum nahm letztes Jahr um fast drei Millionen Liter zu und erreichte einen neuen Rekordwert von 23,5 Millionen Liter.
Noch immer wird zwar vor allem ausländischer Sekt oder Champagner getrunken. Doch fast jedes bessere Weingut bietet hierzulande seinen eigenen Winzersekt an, und manche brauchen den Vergleich mit einem echten Champagner nicht zu scheuen – auch wenn nur sprudelnder Traubensaft aus der französischen Region Champagne den exklusiven Namen tragen darf.
Aufwendige Herstellung sorgt für Qualität und höhere Preise
Die traditionelle Produktion von Schaumwein ist aufwendig – und unterscheidet sich stark vom süffigen Prosecco. Der leichte Sprudel aus Italien vergärt meist nur im Tank und ist daher auch wesentlich billiger.
Für Weine im Champagnerstil braucht es dagegen eine zweite Gärung in der Flasche. Danach muss das Hefedepot in der Flasche entfernt («Degorgieren») und der Wein aufgefüllt («Dosage») werden.
Das braucht Gerätschaften und Fingerspitzengefühl. Daher lassen viele kleine Weingüter ihren Grundwein beim Spezialisten weiter verarbeiten und nehmen Einfluss, indem sie am Schluss bei der Dosage mehr oder weniger Traubensaft, vergorenen Wein und Zucker beigeben und auch die Lagerzeit bestimmen.
Die komplizierte Herstellung lohnt sich geschmacklich: Er macht die Schaumweine vielschichtiger und interessanter.
Tricks fürs Öffnen – stilvoll und mit Showeffekt
In drei Videos zeigen wir, wie ein Champagner stilvoll oder auch spektakulär mit einem Messer geöffnet wird («sabriert»).
Das Video der hiesigen Académie du Vin zeigt: Es soll nicht knallen und schäumen wie bei der Siegesfeier eines Formel-1-Siegers. Wäre ja auch schade um den edlen Wein!
Vielleicht aber planen Sie zu Silvester eine besondere Show? Könnerinnen und Könner köpfen Schaumweinflaschen mit einem Säbel.
Am besten in die Badewanne sitzen und mit dem billigsten Prosecco oder Freixenet üben!
Die Empfehlungen von Catherine Duttweiler
Weinjournalistin Catherine Duttweiler hat verschiedene Schweizer Schaumweine degustiert und empfiehlt 12 besondere Flaschen für Silvester. Die Hälfte davon, gekennzeichnet mit Stern*, waren für die Schlussrunde des Grand Prix du Vin Suisse nominiert.
Wer Schaumwein klassisch oder effektvoll gekonnt öffnen kann, darf sich an einem Edelschäumer probieren. Wir haben die Schweizer Produktion in vier Kategorien aufgeteilt: trendige Rosé-Festweine, gefällige Einsteigergetränke, anspruchsvolle Schaumweine für Kenner sowie kostengünstiger Sekt von grossen Produzenten.
Rosé-Festweine
Rosé-Schaumweine erhalten ihre charakteristische Farbe meist durch Pigmente in den Traubenschalen von Pinot-Noir-Trauben: Sie wird dank Pressung und Lagerung des Traubenguts auf den Schalen extrahiert.
Unsere Empfehlung:
NV Brut rosé von Obrecht (36 Franken): Ein edler lachsfarbener Bio-Sekt aus der Bündner Herrschaft, der nach einem alten, klösterlichen Rezept hergestellt wird. Neben früh geernteten Pinot Noir-Trauben enthält er zehn Prozent der alten Champagnersorte Pinot Meunier. Im Gaumen filigran und cremig.
Mousseux Rosé brut von der Domaine Bouvet-Jabloir (35 Franken): Ein richtiger Festwein aus Auvernier NE, aus 100 Prozent Pinot Noir. Zartes Lachrosa, edler und charmanter Wein, langer Abgang, für Fortgeschrittene. Einer der Favoriten an einer Vinéa-Vergleichsdegu von Fachleuten Mitte November 2023.
Cuvée Chanoir von Fabian Teutsch (24 Franken): Feine, spritzige Assemblage aus Chardonnay und Pinotwein mit dezenten Rosétönen. Schon Vater Heinz produzierte als einer der ersten Winzer Schaumwein vom Bielersee. Das Maison Mauler übernimmt im nahen Môtiers die Flaschengärung.
Gefällige Einsteigergetränke
Gefällige Schaumweine kommen beim breiten Publikum gut an, weil sie als klassische Einsteigerweine oft leicht süss und gefällig sind. Unsere Empfehlung:
Brut Les Murettes* aus dem Maison Gilliard (23.90 Franken): Der kleine Bruder des legendären Fendant aus Sion enthält Sauvignon-Blanc-Trauben, weitere Details werden nicht genannt. Sehr intensive Nase, runder, konformer Geschmack, spritzig, klassischer Einsteigerwein.
Tobias Crémant brut* vom Weingut Tobias Schmid (46 Franken): Auch beim Schaumwein überrascht der Winzer aus dem kühlen Osten, aus Berneck. Der nach ihm benannte Schaumwein enthält 30 Prozent Chardonnay und 70 Prozent Pinot Noir, ist gefällig und leicht süss, mit Marzipannoten.
P’tites Bulles mousseux bio, Cave de la Côte (15.50 Franken): Biowein, frischer, zugänglicher, einfacher Schaumwein, mit 12 g Zucker überdurchschnittlich stark aufgezuckert. Spricht mit seinem günstigen Preis und der spielerisch-modernen Etikette ein junges Publikum an.
Schaumweine für Kenner
Schaumweine für Fortgeschrittene werden von Fachpersonen gut bewertet. Sie kommen aber bei Einsteigern manchmal weniger gut an, weil sie dem Gaumen weniger schmeicheln. Sie sind oft extrem trocken und enthalten teils gar keine Dosage (ultra brut, «non dosé», «zero dosage»).
DW Petit Rhin brut*, Weingut Diederik (33.80 Franken): Der kreative Winzer und Dozent aus Küsnacht keltert seinen speziellen Schaumwein ausschliesslich aus Riesling-Trauben. Würzige, komplexe Aromen, sehr tiefe Dosage. Dritter Platz beim Grand Prix du Vin Suisse.
Brut de Licorne von Bolle & Cie (22 Franken): Der Waadtländer Sekt aus xx kommt ganz ohne Dosage aus und ist daher sehr trocken. Auffällig sind die stark präsenten Hefearomen und die leichten Bitternoten.
Mousseux Méthode Traditionelle der Domaine des Curiades* (27.50 Franken): Stammt aus Bernex bei Genf, enthält einen Drittel Chardonnay- und zwei Drittel Pinot-Noir-Trauben. Extra brut mit 4 g Dosage. trockener Stil mit präsenter Säure und schönem Finale.
Die standardisierten und erschwinglichen Grossen
Zwei Westschweizer Produzenten bieten seit Jahren sehr ausgeglichene Qualität zu einem günstigen Preis von teils unter 15 Franken. Beide sind mehrfach ausgezeichnet worden und beim Grossverteiler erhältlich.
Jacques Germanier ist der König des Schweizer Sekts: Mehrfach hat das Walliser Weinbauunternehmen internationale Auszeichnungen gewonnen. Am Grand Prix du Vin Suisse errangen sie sogar den ersten Preis in der Kategorie Schaumwein. In diesem Jahr reichte es «nur» für den zweiten Platz mit seinem gut gelagerten Blancs de Blanc Brut millésime Réserve 2018* (23.90 Franken) ausschliesslich aus Chardonnay-Trauben.
Gemaniers Schaumweine liegen in einem Felsenkeller (Cave du tunnel) oft überdurchschnittlich lange auf der Hefe. Das verleiht ihnen ein besonders intensives Hefe-Aroma, das sich eine halbe Stunde nach der Öffnung noch verstärkt.
Eine Serie weiterer Erfolgs-Schäumer stammt aus dem Maison Mauler im neuenburgischen Môtiers. Dank grossen Mengen sind hier die wohl günstigsten Schaumweine aus einheimischer Produktion zu kaufen.
Empfehlenswert neben dem Standardsekt ist die sortenreine Chardonnay-Variante, der dezent aprikosenfarbene Blanc de Noirs aus Bio-Trauben sowie das Flaggschiff, die Cuvée Louis Edouard Mauler 2014* (39.50 Franken).
Dieser Edelschäumer gewann den ersten Preis beim diesjährigen Grand Prix du Vin Suisse, ist aber nur noch schwer erhältlich. Aber die Cuvée 2016 ist auch empfehlenswert.
Ganztraubenpressung mit gutem Preis-Leistungsverhältnis
Auch die Domaine Henri Cruchon (30 Franken), ein grosser Familienbetrieb an der waadtländischen Côte, stellt grosse Mengen mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis her.
Er hebt sich am mit einer Ganztraubenpressung und produziert einen festlichen und cremigen «Cuvée Brut Blanc de Blancs», der dem Gaumen schmeichelt.
Zur Person
Ob das beste Wein-Gadget, Schweizer Schaumwein oder Weinwissen für Einstegerinnen und Einsteiger: Weinjournalistin Catherine Duttweiler nimmt uns bei Nau Food mit auf die Reise des Genusses.