Warum es keine «guten» und «bösen» Lebensmittel gibt
Der Jahreswechsel ist für viele eine echte Ernährungs-Herausforderung, steht doch nicht nur Gesundes auf dem Speiseplan. Aber: Schlecht muss das nicht sein.
Viele von uns, die wir uns erstmals mit intuitiver Ernährung auseinandersetzen, finden es initial schwierig. Auf einmal soll es keine guten oder schlechten Lebensmittel mehr geben?
Haben wir doch bisher genau das Gegenteil gehört: Achtung Zucker! Vorsicht, viel zu fettig! Hilfe, schädliche Geschmacksverstärker!
Tatsächlich ist es in unseren Kulturbreiten ja heutzutage gang und gäbe, Essen in die Kategorien «gut» und «schlecht» einzuteilen.
Hierarchien ergeben keinen Sinn
De facto aber gilt: Essen in Hierarchien von «gut» und «schlecht» einzuordnen, ist sowohl aus wissenschaftlicher als auch ernährungsphysiologischer Sicht schlichtweg falsch.
Und so sind die Geschädigten vor allem wir, wenn wir uns in unserer Lebensmittelauswahl nach diesen falschen Kategorien richten.
Gesundheit ist mehr als Ernährung
Angefangen bei unserer Gesundheit: Da geht es um viel mehr als «bloss» um Ernährung. Soziale Faktoren spielen ebenso eine Rolle wie psychologische und finanzielle Aspekte.
Die Orthorexie ist ein gutes Beispiel dafür, wo die Neigung zu «gesunder» Ernährung in eine zwanghafte Besessenheit umgeschlagen ist.
Wer von «gut» und «schlecht» spricht, tut ausserdem so, als könne man Lebensmittel ganz einfach «bewerten». Ein Lebensmittel erfüllt aber verschiedene Zwecke.
Beispiel Workout: Energy-Gel ist nicht gerade nahrhaft, aber eine sehr gesunde Wahl für jemanden, der schnell verfügbare Energie nach seinem Training braucht.
Jeder Mensch ist und isst anders
Auch nicht zu unterschätzen: Jeder Mensch ist und isst anders. Aufgrund seiner körperlichen Veranlagung, dem genetischen Erbe und einfach seinem Leben und Leiden in der Welt.
Beispiel Mandeln: Sie gelten als typisches Superfood mit viel Vitamin E, ungesättigten Fette, Ballaststoffen und sekundäre Pflanzenstoffe. Aber: Wer eine Nuss-Allergie hat, dem hilft die feinste Mandel nichts!
Klar: Manche Lebensmittel sind potenziell schädlich. Um hier klar zu sehen, hilft zum einen das eigene Körpergefühl, Stichwort «Intuitive Ernährung».
In der Schweiz geniessen wir heute ausserdem eine streng regulierte und relativ sichere Lebensmittelversorgung. Dies nimmt einer pauschalen Einteilung in «gut» oder «schlecht» auch hier den Wind aus den Segeln. Verunreinigungen oder schlechten Zutaten sind damit von Anfang an ein Riegel vorgeschoben
Nicht nur mit Weissmehl, sondern mit Liebe gemacht
Wird ein Lebensmittel pauschal als schlecht bezeichnet, vermittelt diese Aussage die Botschaft: Dieses Lebensmittel ist grundsätzlich schädlich, egal für wen, egal in welcher Kombination, egal unter welchen Umständen.
Wer nun die Folgefrage stellt, warum man denn noch von «Lebensmittel» sprechen sollte, hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Lebensmittel sind differenziert zu betrachten.
Die Frage ist nicht, ob das Lebensmittel an sich gut oder schlecht ist, sondern zum Beispiel: Kann es okay sein, dass ich das Guetzli vom Grosi mit Genuss verspeise? Schliesslich hat sie es nicht nur mit Weissmehl, sondern vor allem mit Liebe gemacht.
Gute Ernährung lässt sich nicht an einer einzelnen Mahlzeit festmachen
Gute Ernährung geht über den Inhalt einer einzelnen Mahlzeit hinaus. Sie betrifft das grosse Ganze dessen, was wir im Laufe der Zeit zu uns nehmen.
Es muss nicht jedes Mal ein Multivitamin-Cocktail sein! Es gibt Raum für Genuss und sozialen Austausch auch bei weniger nährstoffreichen Speisen.