Genever: Das vergessene Elixier erobert die Cocktailwelt zurück
Zeitweise war der Wacholder-Knaller Genever fast in Vergessenheit geraten. Nun erobert sich der Traditionsschnaps seinen Platz in den Cocktailbars zurück.
Es war einmal ein Getränk, das in den Bars von Westeuropa und Amerika allgegenwärtig war. Es wurde geliebt, geschätzt und genossen – bis es fast in Vergessenheit geriet.
Die Rede ist von Genever, dem malzigen Vorläufer des Gins.
Mut aus der Flasche
Genever hat eine lange Geschichte hinter sich. Ursprünglich aus den Niederlanden und Belgien stammend, verbreitete er sich schnell und wurde auch in weit entfernten Gegenden immer beliebter.
Dies lag insbesondere an Mitgliedern der Royal Navy, die während des 17-jährigen Krieges Geschmack am «niederländischen Mut» entwickelt hatten.
Während Gin einen Ruf für schlechte Qualität hatte, behielt Genever seinen Status als sorgfältig produziertes und besser schmeckendes Produkt bei. Und das für fast zwei Jahrhunderte.
Leichter Wermut schlägt Genever
Doch dann trat der Wermut auf den Plan und änderte alles. In den 1880er-Jahren gewann dieser an Popularität als wertvolles Werkzeug im Arsenal amerikanischer Barkeeper. Der Wermut eignete sich ideal für leichte, helle Cocktails mit Gin, aber weniger in Kombination mit Genever.
Ein Jahrzehnt später festigte der trockene Martini Gin endgültig seine Position als bevorzugter Wacholderschnaps des Landes. Und dann: Kam der Erste Weltkrieg und versetzte dem Genever den nächsten Schlag.
Weil Malz rar war, erhob man den leichteren Genever-Stil «Jonge» aus Notwendigkeit und gleich auch zum Standard. Im Jahr 1919 verhängte Belgien schliesslich ein Verbot von hartem Alkohol, und das besiegelte das Schicksal von Genever im 20. Jahrhundert.
Malz trifft auf Vanille, Nuss und Orange Bitter
Als der Spirituosenmarkt sich dann wieder öffnete, wurde das «alte» Getränk Genever zur Herausforderung für viele Getränkeliebhaber und Barkeeper. Doch kreative Köpfe aus New York fingen an, zu experimentieren und entdeckten neue Möglichkeiten für diesen malzigen Vorläufer des Gins.
Genever brilliert mittlerweile in einer Vielzahl von Cocktails. Vom «Dutch Nemesis» über den «Hanky Panky» bis hin zum «I Am ... I Said».
Sein malziges Aroma harmoniert hervorragend mit süssen Geschmacksnoten wie Vanille oder Nussaromen. Doch auch mit würzigen Tönen wie Kümmel oder Chili-infused Orange Bitters entstehen durchaus schmackhafte Kompositionen.
Genever erobert die Cocktailwelt zurück
Beim traditionellen niederländische Ritual des «Kopstootje» (wörtlich übersetzt «kleiner Kopfstoss») wird Genever mit Bier kombiniert. Auch diese Darreichungsform hat ihren Weg in moderne Cocktailbars rund um den Globus gefunden.
Es ist klar: Genever hat seinen Platz in der Cocktailkultur zurückerobert und wird nicht so schnell wieder verschwinden. Prost!